Nina Vasiltshenko: Das bunte Ich Drucken

Das bunte Ich

von Nina Vasiltshenko

Vincent van Gogh aß gelbe Farbe, weil er dachte, dass diese Farbe eindringt und Glück in seinen Körper und von dort in seine Seele bringt.

Viele Menschen glaubten, dass der Maler verrückt und geistig zurückgeblieben war. Vielleicht war der Mensch so unglücklich, dass er die Realität einer solch verrückten Idee – die inneren Organe gelb zu färben – zugelassen hat.

Vorhänge verdunkeln das Zimmer, eine Tasse Kaffee, einige klein gespitzte Bleistifte, in meinen Fingern einen teilweise geschwärzten und abgeriebenen Radiergummi.

Einige Tropfen Wasser in Farbe gemischt, bewegte Farbtonleiter auf der Palette. Abgewetzter Pinsel.

Dann, nach mehrmaligem Einatmen bis zum Herzen und noch tiefer mit zitternder Hand den Pinsel nehmen. Früher war das nicht so. Es hat sich viel verändert.

Der Herbst hat sich in meiner Seele eingestellt und meine dünnen blassen Finger zittern. Langer Blick auf die Farben, dann in Schwarz eingetauchter Pinsel und ein bisschen Bedauern, dass es noch dunkler geworden ist.

Einige Finsternisfarbflecken auf das Papier und es ist bewölkt.

Walzer der dunklen Farben und langsame Bewegungen eines älteren Pinsels.

In den Augen Düsternis und Schwermut, die seltenen Tränen mit dem Handgelenk weggewischt. In der Stille, heimlich, weil ich „stark“ bin.

Vergangenheit, Vergangenheit, Vergangenheit und manchmal in Hass und manchmal in Sehnsucht.

In zitternden Adern rinnt verschüttete Müdigkeit, zum Fenster gehen, unruhige Augen, als ob ich etwas suche, aber wieder umsonst.

Rhythmusstörung der Welt, gefühlsverlorene Realität, die Farbe der zugeschnürten Kehle in den vielen gehenden Augen auf Straßen, wo nur die Ampeln bunt sind. Und jetzt auf dies alles blickend sind meine grünen Augen dessen überdrüssig.

Heftige Bewegung und zerrissene Zeichnung.

„Und dann?“ „Dann eine neue Leinwand.“ Viele, viele Farben, Wärme, zunehmend erhellter Raum.

Dem Atmen folgender Pinsel und weit entfernen von der Leinwand.

Aus der Distanz sehen, was nur meines ist, wo meine Gefühle fliegen und einfach mein buntes Ich.

Eine zunehmende Anzahl von Herzschlägen, Müdigkeit, die nie meine Kunst verhindert.

Jetzt nur: Vorhänge auf, in dem kleinen Raum, der in meinem Universum ist. Eine Tasse Kaffee, noch unberührt, und das bunte Ich.

Leben … Krieg

Krieg …

Leben …

Herzlich Willkommen! Du befindest dich nun auf dem Schlachtfeld. Du bist ein Soldat und hast die entsprechende Ausrüstung – Geist.

Der Geist ist deine Waffe.

Du siehst auf dem Schlachtfeld viele, einige kämpfen mit dir, andere schießen unerbittlich auf dich. In diesem Moment versteckst du dich oder du gehst unbeirrbar weiter.

Deine Kugel und die von dem anderen geschossene Kugel prallen aufeinander, und es kommt darauf an, welche dieser Kugeln stärker ist. Du gewinnst oder der andere. Aber dieser Krieg ist nicht das Ende. Vor dir sind noch viele Soldaten, entweder du wirst gewinnen oder die anderen. Obwohl viele neben dir sind, verlass dich nicht auf sie und stütze dich nicht auf sie, denn dann kannst in den Abgrund fallen, und dort gibt es viele Dornen. Außerdem können sie dich leichter töten, wenn du auf dem Boden liegst.

Wenn du Verwundete siehst, hilf. Schieß nie als Erster, und wenn jemand auf dich schießt, musst du entscheiden, was du tust. Entweder schießt du zurück oder du versorgst deine Wunden selbst?

Du gehst weiter und du spürst, dass die Angst allmählich verschwindet. Aber du bist mitten in diesem Krieg. Manchmal verlierst du deine Kraft und denkst an Rückzug. Aber in diesem Moment überblickst du alles und erkennst, dass du damals gekämpft hast, und dass du jetzt im Kampf bist! Du schaffst alles! Du bist oft verwundet worden, hast aber nie jemand anderen verletzt.

Sei einfach nur glücklich und liebe dein Leben! Du lebst jetzt und bist jetzt glücklich. Viele Wunden sind verheilt, aber manche haben Narben hinterlassen. Jede Narbe hat einen Namen. Den Namen von denen, die dich in diesem Krieg allein gelassen haben. Diese Narben können dein Herz zum Stillstand bringen, aber du kämpfst weiter!

Du hast viele Hindernisse überwunden und viele Schmerzen ertragen. Du hast viel gelernt und andere haben von dir gelernt. Doch das bedeutet, dass du gelebt und nicht vegetiert hast. Jetzt stehst du auf der Bühne und vor dir stehen alle, die neben dir in diesem Krieg gekämpft und dich nicht allein gelassen haben, und auch die, die dir große Schmerzen zugefügt haben.

Wenn du auf sie blickst, hast du von ihnen beiden viel gelernt, und sei dankbar für die Schmerzen. Alle klatschen, weil du es geschafft und alle Hindernisse überwunden hast. Hinuntergefallen, aber wieder aufgestanden und weiter gegangen! Du hast es geschafft! Und alle klatschen … alle sind stolz … nur du nicht. Du findest viele Fehler im Leben, und jeder dieser Fehler tut dir weh. Auch die Schuld der anderen verletzt dich.

Du hast gelebt! Du hast auf diesen Blättern gelebt … gelebt in meinem Herzen … du lebst … du kämpfst …


Radiosendung von Wally Rettenbacher mit Nina

veröffentlicht in Talktogether Nr. 55/2016