Die Arbeit und ihr Einfluss auf die Lebenswelt PDF Drucken E-Mail

Die Arbeit und ihr Einfluss auf die Lebenswelt

von Seerwan Faraj

Die Notwendigkeit der Arbeit

Arbeit ist ein notwendiges Übel einer entwickelten Gesellschaft, um  ihre Grundbedürfnisse zu decken. Das Konzept der Arbeit war immer innerhalb der Gesellschaft, entspricht es doch dem Menschen und seinem Streben nach Fortbestand. Und wo immer sich eine Gruppe von ihnen zusammentat: Arbeit wurde notwendig. Im Sinne von körperlicher, gedanklicher und schöpferischer Kraft. Die Wirtschaft hat und hatte immer schon ihre Auswirkungen auf das Arbeitsleben, nicht nur was die Notwendigkeit der Arbeit betrifft, sonder auch auf die Kommunikation. 

Wie denken Menschen über ihre Arbeit?

So verschieden wie die Arbeitssysteme einer Gesellschaft, so verschieden sind auch die Auffassungen der Menschen darüber, wenn sie von „Arbeit“ sprechen. Wir unterscheiden außerdem verschiedene Beweggründe für Arbeit – zum Beispiel gibt es für viele handfeste ökonomische Gründe, die für einen Job sprechen, wogegen für andere Sinn oder Befriedigung der Arbeit im Vordergrund stehen. Auch geben sich manche zufrieden mit wenig Lohn, sie verzichten auf das Vermehren ihres materiellen Wohlstandes. Sie benützen das Geld um andere wichtige Ziele zu verwirklichen, zum Beispiel Bildung oder Kreativität.

Auswirkungen von Arbeitswelt auf Lebenswelt

Natürlich hat die Arbeit ihre Auswirkungen auf die menschliche Psyche, das Verhalten und die zwischenmenschliche Kommunikation. Ich bringe ein Beispiel aus der Arbeit in einem Restaurant: In einem beliebten Restaurant herrscht Stress für die Angestellten: Sie müssen Überstunden machen und dürfen sich keine Fehler leisten. Dieser Stress schafft Ärger. Vielleicht sind Sie im Privatleben nette Charaktere, doch der Arbeitsstress lässt sie zu bösen Menschen werden. Dass sich Arbeit auf die Psyche auswirkt ist normal, wir sollten aber Acht geben, wenn wir das Arbeitsleben in unsere Kommunikation mitnehmen.

Der berühmte Philosoph Jürgen Habermas hat in seinem Werk „Theorie des kommunikativen Handelns“ Arbeitswelt und Lebenswelt unterschieden. Diese beiden Welten sind beide wichtig, aber die Arbeitswelt darf die Lebenswelt und die Kommunikation nicht beeinflussen. Weil wenn das passiert entstehen viele Probleme in unserer Gesellschaft.

Zum Beispiel psychische Probleme wie Unersättlichkeit, Unsicherheit, Unruhe und  ständiges Konkurrenz-Denken. Oder dass ein Manager außerhalb der Arbeit immer noch Überlegenheitsgefühle hat. Auch sollte „Wie heißt du?“ in der Lebenswelt wichtiger sein als „Was machst du?“. Wenn jemand eine Bestätigung oder Befähigung in der Arbeitswelt hat, sagt das noch nichts über die Qualität seiner Kommunikationsfähigkeit in der Lebenswelt aus.

Zum Beispiel ist ein Arzt in unserer Vorstellung oft eine gute Person. Vielleicht ist er aber gar nicht gut? Dieses Bild in unserem Kopf kommt sehr schnell durch die positive Bedeutung seines Berufs, was aber nichts über seinen Charakter aussagt. Seine Kommunikation in der Lebenswelt bleibt kritisierbar.

Beide Welten sind wichtig: Arbeit und Leben, weil Leben ohne Arbeit nicht geht, Arbeit ohne zu Leben geht auch nicht. Manche Arbeit braucht Körperkraft, andere Gedankenkraft. Und diese Verschiedenheit macht die Arbeitswelt vollkommen. In der Lebenswelt gibt es auch viele Unterschiede in der individuellen Personen-Beziehung. Dies schafft auch Probleme, die beispielsweise Kultur, Ethnizität oder Nationalität betreffen. Hier gilt es Lösungen zu suchen.

Das wirklich Wichtige ist, diese beiden Problemfelder in der Kommunikation nicht zu vermischen.

Vielleicht kommt uns die Frage in den Sinn, dass diese zwei Welten sich automatisch vermischen, weil wir leben beispielsweise in einer Stadt und wir arbeiten in der gleichen Stadt, oder weil unser Arbeitsplatz nur unweit von unserer Wohnung liegt - natürlich sind beide Welten wichtig in unsrem Leben, aber die Mischung schafft Probleme. Das Arbeitssystem sollte nicht die persönliche Beziehung zu einem anderen beeinflussen. So hat vielleicht eine Person in der Familie eine gute Arbeit, eine gute ökonomische Situation, es sei unkritisiert, dass er eine solche Situation hat, aber es braucht Kritik, wenn er oder sie diese ökonomischen Macht benutzt, um seine familiäre Autorität zu untermauern. Wenn beispielsweise ein Bruder oder Vater eine Firma hat und viel Geld und auch in seiner Familie dadurch sein Machtsystem aufrecht erhält. So bringt er die Arbeitswelt in seine Lebenswelt.

Übersetzung: Robert Presslaber

erschienen in Talktogether Nr. 35/2011